Stakeholder verstehen, statt nur verwalten – ein pragmatischer Leitfaden für Projektleiter:innen
Stakeholdermanagement wird oft als lästige Pflicht verstanden – als reine Liste von Personen, die „irgendwie“ informiert werden müssen. Dabei sind Stakeholder viel mehr als das: Sie sind Akteure, Entscheider, Unterstützer oder auch Stolpersteine. Als Projektleiter:in bist du nicht nur Manager:in von Aufgaben, sondern vor allem von Menschen – mit ganz unterschiedlichen Erwartungen, Kommunikationsstilen und Einflussmöglichkeiten.
Francisca Rotter
7/7/20253 min read
Nachfolgend werde ich dir zwei konkrete Beispiele aus meinen Arbeitsaltag schildern. Aber zuvor noch folgender Tipp: Stakeholder lassen sich nicht einfach in „Kunde“ und „Rest“ unterteilen.
Ich empfehle dir, deine Stakeholder in vier Kategorien zu clustern:
1) Kern
Hauptentscheider und unmittelbare Projektbeteiligte
zum Beispiel: Werksleiter, der alle Maschinenabnahmen freigibt
2) Kritisch
Einflussreich, oft mit starkem Meinungsbild, aber nicht Hauptentscheider
zum Beispiel: Projektteam-Mitglied mit Überlastung und Kritik
3) Informell wichtig
Personen mit Einfluss, die offiziell nicht im Projekt stehen
zum Beispiel: Abteilungsleiter, der Ressourcenzuweisung beeinflusst
4) Peripher
Weniger Einfluss, müssen aber informiert bleiben
zum Beispiel: Externe Dienstleister, Lieferanten
Praxisbeispiel 1: Der cholerische Werksleiter im Anlagenprojekt
Die Produktion läuft, aber die Maschinenabnahme steht noch aus – und damit auch die Auszahlung der Abschlusszahlung von einem Millionenprojekt.
Der Werksleiter hält alle Entscheidungen in der Hand und ist bekannt für sein cholerisches Verhalten.
Von unserer Lieferantenseite aus gab es bereits zwei Projektleiter und inzwischen ist die Eskalation sogar auf Geschäftsführerebene.
Mein Vorgehen:
Ich fokussierte mich ausschließlich auf ihn – ignorierte das drohende Geschrei – und - ich hörte zu.
Häufig stehen solche Personen unter weiterführenden Druck auf Konzernebene und müssen sich dort ‚behaupten‘. So verstand ich seine Perspektive.
Ich clustere die offenen Punkte (LOP) und platzierte clevere „Quick Wins“ ins erste Paket.
Innerhalb von 2 Wochen waren diese Punkte gelöst und ich konnte sein Vertrauen aufbauen. Das war besonders wichtig und so konnte schon nach weiteren 4 Wochen die Abnahme mit unterschriebenem Maßnahmenplan realisiert werden.
Tipp:
📝 Versteh den Hauptakteur – auch wenn’s unangenehm wird.
Fokussiere die Kommunikation gezielt, statt dich in Nebenschauplätzen zu verlieren.
Praxisbeispiel 2: Der überlastete Teamleiter im Projektteam
In den Maschinenprojekten führte ich damals Projektteams zwischen 10-20 Personen. Zum Abgleich hatten wir ein 1-stündiges wöchentliches Meeting – und immer wieder gab es den einen Kollegen, der das Meeting crashte: zu spät, viel Kritik im Meeting und brachte generell eine Unzufriedenheit mit.
Mein Vorgehen:
Damals hatte ich gerade erst die größeren Projekte übernommen und kannte das Team noch nicht. Also beschloss ich ihn unter 4 Augen anzusprechen und fragt nach ehrlichem Feedback: was ich verbessern könne.
Überraschenderweise berichtete er von starker Überlast und dass ihm das Verhalten gar nicht bewusst war.
Wir beschlossen einen Kompromiss: ich lud ihn nun „optional und auf Abruf“ zum Meeting ein. Vorab besprachen wir kurz die Agenda telefonisch und ich gab ihm ein Meeting Summary hinterher.
Später holte ich ihn bei Bedarf wieder voll hinzu.
Ergebnis: ein super konstruktives Arbeitsverhältnis und auch zukünftig nahm ich die Idee mit und strukturierte meine Meetings nur mit Teilnehmern, welche wirklich einen Input zum wöchentlichen Meeting geben konnten.
Tipp:
📝 Jede:r Stakeholder hat seine eigene Kapazität und Kommunikationspräferenzen.
Flexibilität und Empathie zahlen sich hier aus.
🗣️ Hier eine kleine EXTRA-Übersicht zur Kommunikations-Typologie: So erkennst du, wie Menschen ticken:
Introvertiert vs. extrovertiert:
Manche brauchen Zeit zum Nachdenken, andere reden lieber direkt los. Versuche introvertierten Personen im Meeting Gehör zu verschaffen, denn diese leisten häufig einen guten Beitrag z.B. bei der Lösungsfindung.
Kommunikationsmedium:
Mündlich, schriftlich, visuell – finde heraus, was dein Gegenüber bevorzugt und versuche möglichst unterschiedliche Medien im Teamupdate anzubieten.
Datenfokus vs. Storytelling:
Einige lieben Fakten & Zahlen, andere brauchen erklärende Zusammenhänge. Passe entsprechend deiner Teilnehmer die Moderation an.
Temperament:
Aufbrausend oder verständnisvoll – das beeinflusst, wie du deine Botschaften formulierst. Behalte dabei deine Ziele im Fokus und setze klare Grenzen.
Verantwortungsbewusstsein:
Ist dein Gegenüber Entscheider oder eher Umsetzer? Unterschiedliche Erwartungen! Finde frühzeitig im Projekt die Entscheider heraus, so dass du sie fortlaufend mit ‚abholen‘ kannst und es bei Projektabschluss nicht erst zu Missverständnissen kommt.
🔧 Methoden & Tools für deine Stakeholderarbeit
· Stakeholdermap: Visualisiere Position, Einfluss und Interesse deiner Stakeholder.
· Kommunikationsmatrix: Wer braucht welche Infos, wann und in welchem Format?
· Weekly Briefs: Kurze, regelmäßige Updates für den Kreis, der informiert bleiben muss.
Fazit
Stakeholdermanagement ist kein „Musst“-Thema, sondern ein Gamechanger.
Mit einem klaren Fokus auf die richtigen Personen, einem Gespür für deren Bedürfnisse und einem flexiblen Kommunikationsansatz kannst du Konflikte entschärfen, Vertrauen aufbauen und dein Projekt sicherer zum Ziel führen.
👉 Wie sieht dein Stakeholdermanagement aus?
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